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Arbeitslabor

Von Frühstücksdirektoren und Trojanischen Pferden

Aktualisiert: 18. Dez. 2020

In der Corona-Krise ist aktuell eine Arbeitsform in aller Munde - "Home Office". Natürlich ist diese Form der Arbeitsgestaltung schon lange bekannt. Aber erst jetzt unter den Bedingungen der Pandemie machen viele Firmen und Mitarbeiter praktische Erfahrungen. Und soweit wir das beurteilen können: gar keine schlechten!

Schock für viele Führungskräfte: Es ist Mittwoch später Vormittag und keiner der Untergebenen ist da. Zum Führen fehlen die Mitarbeiter und an Meetings ist auch nicht zu denken. Es kommt zum Äußersten: die Führungskraft muss inhaltlich arbeiten! Ein Szenario, das hartgesottene Manager schon mal nervös machen kann. Unter den vom SARS-CoV-2 Virus diktierten Bedingungen passiert das immer häufiger: Da ist der Manager nun nach vielen harten Jahren auf der Arbeitsebene endlich die Karriereleiter heraufgefallen und könnte mal Leute managen. Und jetzt ist keiner mehr da!


Der Grund für die gähnende Leere ist aktuell natürlich klar, aber auch in normalen Zeiten gibt es eine Reihe von Gründen, warum "Home Office" sehr viel Sinn machen könnte. Beispielsweise in Firmen, die hinsichtlich des Themas Familienbewusstsein sehr weit gekommen sind, wurden auch vor der Pandemie von Mitarbeitern/innen die Möglichkeiten der Flexibilisierung genutzt. Und nein, ehrlicherweise muss man zugeben, dass dadurch die Ergebnisse der Mitarbeiter nicht schlechter geworden sind - nur eben schwerer zu managen.

Arbeit der Zukunft durch die Hintertür

Da stecken jetzt zwei interessante Themen drin. Einerseits haben Unternehmen, die sich jetzt stark auf "Home Office" verlassen oder z.B. auf Themen wie Familienbewusstsein einlassen, einen großen Schritt in Richtung "Arbeit der Zukunft" gemacht. Und das ohne es explizit auf der Agenda zu haben. Man könnte also davon sprechen, dass diese Unternehmen ein „Trojanisches Pferd“ in ihre Organisationen hineingeschoben haben, aus dem dann in der Folge eine Idee zur Flexibilisierung nach der anderen heraussteigt. Das führt nicht selten zu einer starken Aufweichung der Präsenzpflicht, zu modernen Arbeitszeitregelungen und einer Reihe anderer Formen der Flexibilisierung.

Aber nicht nur die sichtbaren Veränderungen sind relevant, es tut sich auch etwas unter der Oberfläche der Organisationen. Es ändert sich nämlich dadurch auch die Arbeitskultur. Ist es erst einmal anerkannt, dass man von zuhause sinnvoll arbeiten oder die Arbeitszeit den eigenen Bedürfnissen anpassen kann, dann ist man in einem neuen „Arbeits-Paradigma“ angekommen. Und erlebt gleichzeitig, dass das nicht unmittelbar zum Untergang der Organisation führt.

Statussymbole sind gefährdet

Das zweite interessante Thema hat damit zu tun, dass es für das Management schwerer geworden ist. So mancher Abteilungsleiter wird sich heute wohl oft wie ein „Frühstücksdirektor“ fühlen. Die älteren unter uns wissen was gemeint ist: In jedem Unternehmen gab es früher Leute, die zwar hierarchisch relativ weit oben angekommen waren, aber aus irgendeinem Grund in Ungnade fielen. Untrügliches Kennzeichen: sie hatten keine ihnen disziplinarisch unterstellten Mitarbeiter mehr. Der Grad der Relevanz war (und ist es heute noch) ablesbar an der Anzahl der Mitarbeiter über deren Zeit und Aufgaben man bestimmen kann (und denen man Urlaubsgenehmigungen unterschreiben muss, wenn sie nicht im Büro sein wollen). Wer jemals einem Frühstücksdirektor begegnet ist, versteht, dass man vor den Kollegen nicht als solcher dastehen möchte. Wenn sich mit den organisatorischen Maßnahmen die Kultur nicht weiterentwickelt, sieht man also aus wie ein Verlierer.

Fazit: Gesamtheitliche Sicht ist nötig!

In Unternehmen, in denen sich neue Arbeitsformen etablieren, muss sich nicht automatisch die Führungskultur mitentwickeln. Tut sie das nicht, kommt es zwangsläufig zu Spannungen. Und diese bergen durchaus die Gefahr, dass sich die Leistungen der Organisation verschlechtern. Es ist also unumgänglich in Unternehmen auch an Führungskultur, -struktur und -prozessen zu arbeiten. Man muss eine gesamtheitliche Sichtweise einnehmen. Und das ist sicherlich weitaus schwieriger als einfach eine neue Dienstanweisung zum Thema "Home Office" zu verabschieden.


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